IoT, Do-it-Yourself und Maker Bewegung => Slides http://www.tamberg.org/hsg/2015/IoTDIYMaker.pdf (@tamberg, HSG Alumni, St. Gallen, 18.06.2015, http://hsgalumni.ch/de/forum/programm-2015/) 1) Titel 2) Moore's Law, macht Computer nicht nur leistungsfähiger und günstiger, sondern auch kleiner. Hier drei Schweizer Modelle. Bei Grossrechnern und Personal Computer war die ETH jeweils ganz vorne dabei. Beim Transfer zum Produkt waren andere schneller. Die nächste, grosse Gelegenheit heisst Internet of Things. (2008 fand die erste internationale Konferenz zum Thema statt, in Zürich.) 3) Wir haben schon verschiedene Definitionen gehört. Hier eine technische: Das Internet der Dinge entsteht, wenn Internet-verbundene Computer mit Sensoren und Aktuatoren ausgestattet werden. Statt virtuelle Ressourcen, wie bisher im Web, werden damit physikalische Eigenschaften gemessen und manipuliert. Das Internet dringt also in die reale Welt ein. 4) Was heisst das konkret und wer ist davon betroffen? Um das rauszufinden, organisieren wir das Internet of Things Meetup in Zürich. Inzwischen sind wir über 700 Mitglieder. Bei informellen Treffen präsentieren Firmen, Forscher und Künstler ihre Projekte. 5) Bastler und Ingenieure treffen sich regelmässig im MechArtLab Hackerspace in Zürich. Nach dem Motto "Make, Learn, Share" arbeiten wir zusammen an Projekten. Experten wie Dr. Ringwald und Dr. Kroll (bzw. Matthias und Michael), geben dort gerne Auskunft über ihre neusten Entwicklungen, wie diese open source Bluetooth Low Energy Hardware. 6) Wozu braucht man so was? Z.B. für den Internet-verbundenen Masskrug, der meine Mutter informiert, wenn ich zu viel Bier trinke. Getestet am Oktoberfest in München. 7) Oder für Smart Homer, der im Internet nachschaut ob Simpsons läuft, und dann mit seinen Infrarot-Augen den Fernseher einschaltet. 8) Die Puppe entstand an den SRG Hackdays. Ein Hackday bringt Entwicklerinnen, Designer und Fachpersonen zusammen, um konzentriert an neuen Apps und Prototypen zu arbeiten. Der Veranstalter bietet Internet, Kaffee und freien Zugriff auf Datenquellen. Der Anreiz für Beteiligte besteht darin, echte Probleme in kurzer Zeit zu lösen und neue Perspektiven aufzuzeigen. 9) Maker sind aber nicht nur im organisierten Rahmen aktiv. Im Gegenteil. Sie helfen und organisieren sich selbst, bottom-up, über das Internet. Ein Beispiel aus Japan: Während dem Reaktorunglück in Fukushima, haben Mitglieder des Tokio Hackerspace begonnen Geigerzähler mit dem Internet zu verbinden. So entstand eine Karte mit laufend aktualisierten Messwerten, trotz Informationssperre der Regierung. 10) Im Kern solcher Projekte steckt Internet of Things Hardware wie der Raspberry Pi, ein 50-fränkiger Linux Computer mit Anschlüssen für Sensoren und Aktuatoren. Inzwischen wurden über 5 Millionen Stück davon verkauft. Hier ist der Raspi eingebaut in eine Internet-verbundene Gartenbewässerungs-Elektronik. (https://www.raspberrypi.org/five-million-sold/) 11) Sensoren wandeln physikalische Eigenschaften in ein elektrisches Signal um. Diese Bauteile für Bastler, messen z.B. Temperatur, Biegung, Distanz oder Beschleunigung. Aktuatoren steuern Bewegung, Licht oder Strom. 12) Ein Fluss-Sensor mit ein paar LEDs wird so zum Wasser-Spar-Gerät. Es misst den Wasserverbrauch und zeigt nach einem Liter eine Warnung an. 13) Ist ein Sensor am Internet, kann sich meine Pflanze per Twitter gleich selbst melden, wenn sie gegossen werden will, wie hier bei Botanicalls von Tom Igoe. Das Projekt ist ein Klassiker und inzwischen auch im MoMa ausgestellt, dem Museum of Modern Art in New York. 14) Dinge können auch reagieren, wie Adrian McEwen's Bubblino, ein Internet-verbundenes Spielzeug, das Seifenblasen produziert, wenn man seinen Namen auf Twitter erwähnt. 15) Alles nur Kinderkram? Die US-Regierung sieht das anders. Sie fördert die Maker Bewegung im In- und Ausland. Obama organisierte sogar eine Maker Faire im Weissen Haus. (https://www.sbir.gov/new-commitments-in-support-of-the-presidents-nation-of-makers-initiative, Smarte Sitzbank von Sandra Richter, http://www.soofa.co/) 16) Die Maker Faire ist eine Art Erfindermesse für Bastler und unabhängige Hardwarehersteller. Entstanden in den USA, sind solche Faires inzwischen ein globales Phänomen. Die europäische Ausgabe in Rom hatte letztes Jahr in drei Tagen über 90'000 Besucher. 17) Grossfirmen haben längst erkannt, welches Potential in der Maker Bewegung steckt. Hier kündigt Intel, der Chip-Riese, eine Zusammenarbeit mit Massimo Banzi von Arduino an. Arduino ist eine beliebte open source Hardware für Maker. Inzwischen sind auch Microsoft und Samsung bei Arduino aufgesprungen. Sie sehen Maker als Quelle von Kreativität und Innovation. (http://www.adweek.com/news/advertising-branding/which-big-brands-are-courting-maker-movement-and-why-156315) 18) In Europa ist London der grösste Hub für Internet of Things Startups. Die Person, bei der alle Fäden zusammenlaufen ist Alexandra Deschamps-Sonsino vom IoT London Meetup. Neben einer grossen Community und Kapital, gibt es in England auch Regierungs-Initiativen wie InnovateUK. Weitere europäische Hubs sind Paris, Berlin und Barcelona. (https://www.gov.uk/government/organisations/innovate-uk, https://digital.catapult.org.uk/, http://www.techcityuk.com/, http://www.meetup.com/iotlondon/) 19) Der Bürgermeister von Barcelona erklärte seine Stadt kurzerhand zur Fab City, und versprach jedem Bezirk ein eigenes Fab Lab. (http://www.vilaweb.cat/noticia/4201530/20140703/barcelona-wants-to-be-the-worlds-first-fab-city.pdf, http://barcelonapledge.org/, http://www.amazon.com/Self-Sufficient-City-Envisioning-Habitat-Future/dp/8492861339, https://www.fab10.org/) 20) Ein Fab Lab, wie hier in Zürich, bietet der Öffentlichkeit Zugang zur digitalen Fabrikation. Handwerkliches Geschick ist dabei optional. Die Genauigkeit steckt in der Maschine. Mit einfach bedienbaren CAD Tools konstruieren auch Laien schnell komplexe Produkte. Diese werden dann mit dem 3D Drucker, Laser-cutter oder einer CNC Maschine produziert. 21) Hier ein Beispiel aus dem Netz: Ein komplett 3D-gedruckter Spielzeugbagger. Inklusive eingebetteter Elektronik und Bluetooth-Fernsteuerung. Sozusagen Low-end High-tech. 22) Und hier Ausrüstung für ein Biologie Labor, produziert in Luzern, mit dem Laser-cutter. Urs Gaudenz schaut sich professionelles Equipment an und baut es dann mit einfachsten Mitteln und gebrauchten Bauteilen nach, zu einem Bruchteil der Kosten. Die Zentrifuge in der Mitte basiert auf einer alten Computer-Harddisk. Der Apparat oben rechts wird bei Gen-Analysen verwendet. 23) Ein wichtiger Treiber ist Open Source Hardware. Der Hauptvorteil davon ist, dass man nicht bei Null beginnen muss. Hier verschiedene Bauformen des Arduino Controllers. Alle sind mit denselben, einfachen Tools programmierbar. Unten links ein Do it Yourself Mobiltelefon. 24) Bei Consumer Produkten ist es mit einem Prototypen meistens noch nicht getan. Botanicalls ist kein Consumer Produkt, im Gegensatz zum WiFi Pflanzensensor von Koubachi aus Zürich. Der hat es sogar in den Apple Store geschafft. Ein Unterschied ist die Zertifizierung. Auch Stromverbrauch und Miniaturisierung sind nur mit traditionellem Engineering in den Griff zu bekommen. 25) Um die Lücke zwischen dem Prototypen und einem Serienprodukt zu schliessen, gibt es inzwischen eine ganze Industrie von Hardware Startup Accelerators. Maker werden von Ingenieuren und Supply Chain Experten gecoacht, um die gröbsten Fehler zu vermeiden. Ein Vorteil sind auch direkte Beziehungen zu Produzenten in China. 26) Ist ein Prototyp bereit für's Rampenlicht, kann ein erster Batch durch Crowdfunding finanziert werden. Neeo, ein Projekt aus Solothurn hat so auf Kickstarter über 1.5 Millionen Dollar gesammelt. (http://www.moneyhouse.ch/u/k/neeo_ag_CH-241.3.012.695-7.htm) 27) Auch mit Kickstarter gross geworden ist Spark.io (bzw. Particle.io), ein Amerikanischer Hersteller von Prototyping Hardware für Maker. Das Mobilfunkmodul auf diesem Produkt kommt von uBlox in Thalwil. Die Verbindung zur Cloud benutzt das CoAP Protokoll, eine effiziente Alternative zu HTTP, massgeblich mitentwickelt von der ETH. 28) Die Produktion findet meistes in China statt. Immer öfter auch die Produktentwicklung. So ist es auch bei Kaddz aus Biel, deren CTO gleich ganz nach Shenzen umgezogen ist. Durch "Design for Manufacturing" kann ein Produkt vor Ort auf Fabrikationsprozesse abgestimmt werden. Bei solchen Kollaborationen spricht man deshalb auch von "Made with China". 29) Da auch in China immer mehr mit Robotern produziert wird, gibt es Leute die auf re-shoring setzen, also das "Zurückbringen" der Produktion. Die Firma R2 Prototyping in Glattbrugg zum Beispiel, bietet hoch automatisierte Fabrikationsmethoden für Elektronik schon bei kleinsten Stückzahlen. 30) Wenn ein Internet-verbundenes Produkt endlich beim Kunden ist, zeigt sich schnell, ob es einen echten Nutzen bringt. Hier ein liebevoll verpackter Beweguns-Sensor. Leider sind die Batterien nach kurzer Zeit leer. Auch das Setup per WiFi ist ziemlich umständlich. Fazit: unbrauchbar. 31) Produkte sind vor allem dann nützlich, wenn sie in ein bestehendes Ökosystem passen. Offene Schnittstellen und Standards erleichtern den Datenaustausch, z.B. wenn ich zu Hause smarte Glühbirnen verschiedener Hersteller verwenden will. Es gibt vielversprechende open source Lösungen, aber auch die Grossen wollen sich das Geschäft nicht entgehen lassen. Der Autor Bruce Sterling spricht von "Epic Struggle. (http://www.amazon.com/The-Epic-Struggle-Internet-Things-ebook/dp/B00N7EKIJ4, "occupy the gateways with open source products", Rob van Kranenburg http://lists.dyne.org/lurker/message/20120125.084226.81635123.pt-BR.html) 32) APIs, d.h. Programmierschnittstellen in der Cloud, ermöglichen es auch Startups und einzelnen Entwicklern, mächtige Machine Learning Algorithmen zu verwenden. Dieser Plastik-Dino kann eine intelligente Konversation mit ihrem Kind führen. Am anderen Ende sitzt Watson, ein Supercomputer von IBM, der kürzlich auch das TV-Ratespiel Jeopardy gewonnen hat. 33) Zunehmend werden auch Kameras als Sensoren eingesetzt. Schon einfache Webcams erkennen immer zuverlässiger Alter, Gender und Emotionen des Betrachters. 34) Darauf basiert auch diese Anwendung, die Alters- und Genderverteilung in einer Bar erkennen kann indem der Wirt eine Webcam montiert. Das Resultat wird den potentiellen Besuchern per App anzeigt. Problematisch ist dabei, dass jeder Anwesende im Raum erfasst wird. Wer sich dem entziehen will, muss draussen bleiben. 35) Idealerweise rückt Technologie in den Hintergrund um den Menschen zu dienen und ihren Alltag zu bereichern. Meine Tanten sprechen hier nicht über das neue iPhone, sondern über ihre Enkel. Mark Weiser von Xerox PARC nannte das "Calm Technology". ("If computers are everywhere they better stay out of the way, and that means designing them so that the people being shared by the computers remain serene and in control.") 36) Security und Safety, also Daten- und Personensicherheit, sind eine grosse Herausforderung. Je mehr Geräte man anschliesst, desto wichtiger wird gutes Engineering. Deshalb haben wir Yaler gegründet, einen Cloud-Service für sicheren Fernzugriff auf embedded Computer. Oft sind es Maker, die Yaler für ein Feierabend-Projekt entdecken, und dann als bewährte Lösung in ihre Firma einbringen. Unsere Kunden nutzen Yaler unter anderem für Gebäude-Automation und um Hörgeräte via Internet einzustellen. (https://yaler.net/, http://oberon.ch/pdf/Reference_Phonak_Teleaudiology.pdf) 37) Sie sehen, IoT passiert hier und jetzt. Einfach "Valley" anzuhängen, wie hier bei diesem Pilotprojekt in "#WiedikonValley", macht aus Zürich wohl noch keinen Startup Hub. Aber die Fundamente sind gelegt. Maker brauchen keine Erlaubnis, um innovativ zu sein. "Die Grossen testen noch, die Kleinen machen schon." 38) Danke.